Die römische Stadtmauer von Astorga, wie sie auch gegenwärtig noch zu sehen ist, wurde Ende des dritten Jahrhunderts n. Chr. oder Anfang des vierten Jahrhunderts n. Chr. im Rahmen der Festungsbaumaßnahmen errichtet, die auf der Iberischen Halbinsel und insbesondere im hispanischen Nordwesten durchgeführt wurden. Die Gründe für den Bau liegen in der Destabilisierung, die das Römische Reich in seinen letzten Jahren erfuhr, bedingt insbesondere durch den Einfall von Germanenstämmen aus Mitteleuropa.
Die Stadtmauer weist eine Länge von 2,2 km auf und schließt eine Fläche von 26 ha ein. Sie besitzt dieselben Eigenschaften wie andere Befestigungsanlagen, die zu dieser Zeit gebaut wurden (León, Lugo, Cacabelos etc.). Verglichen mit Festungsmauern aus früheren Zeiten fallen insbesondere ihre außerordentliche Dicke (zwischen vier und fünf Metern) und die Höhe ihrer Türme auf.
Für den Bau der beiden Außenseiten der Mauer wurde unbearbeiteter Bruchstein verwendet, im Wesentlichen Quarzite aus der Region; dazwischen wurde Schicht für Schicht ein Kern aus einer betonähnlichen Substanz (opus caementicium) aufgeschüttet.
An den prestigeträchtigsten Teilen der Mauer, etwa den Toren, wurden große Quaderblöcke aus Granit in der typischen römischen Bauweise der Zeit (opus cuadratum) verarbeitet, die vielfach, von früheren Bauten stammend, wiederverwendet wurden und der Mauer einen monumentalen Charakter verleihen. Die Puerta Romana – das einzige Tor aus der Zeit des Mauerbaus, das noch erhalten ist – kann im Parque del Melgar besichtigt werden.
Die historische Entwicklung von Astorga intra muros
Aus römischer Zeit liegen keine Schriftvermerke zu kriegerischen Ereignissen vor, denen die Stadtmauer hätte standhalten müssen und die Gelegenheit gegeben hätten, ihre Standfestigkeit zu prüfen. Aus dem sechsten Jahrhundert n. Chr. sind Berichte von Überfall und Plünderung Astorgas durch Theoderich und seine Gefolgsleute überliefert.
Zu Beginn des achten Jahrhunderts n. Chr. wurde Astorga im Zuge der arabisch-maurischen Eroberung weiter Teile der Iberischen Halbinsel von Tariq (Feldherr und Eroberer des Westgotenreiches) und seiner Gefolgschaft zerstört und eingenommen. Wenige Jahrzehnte später eroberte das Königreich Asturien, das wiederholt Feldzüge gegen das Emirat von Córdoba (das Reich der arabisch-maurischen Eroberer auf der Iberischen Halbinsel) führte und immer weiter nach Süden vordrang, die Stadt jedoch zurück. Nachdem Ordoño I. 850 den Thron des asturischen Königreichs bestiegen hatte, kam es zu einer nachhaltigen Wiederbesiedlung Astorgas, und nach den Feldzügen Alfons’ III. war die Reichsgrenze offenbar weit genug von der Stadt entfernt, so, dass der König sie zum Sitz seines Hofes erkor und sich in ihrer Kathedrale bestatten ließ. Die Ereignisse der folgenden Jahre veranlassten seinen Nachfolger Ordoño II., sich endgültig in León niederzulassen und Oviedo, die alte Hauptstadt des Reichs, zu verlassen.
In der Folgezeit war Astorga bloß vereinzelt in kriegerische Konflikte verwickelt. Ende des 10 Jahrhunderts überfielen Almanzor (seinerzeit faktischer Alleinherrscher des Kalifats von Córdoba) und seine Gefolgsleute die Stadt und zerstörten den Schriftquellen aus dieser Zeit zufolge die Türme der Stadtmauer. Ende des 12. Jahrhunderts wurde Astorga von Alfons II. von Aragón und von Alfons VIII. von Kastilien belagert, konnte sich jedoch gegen beide Angriffe erfolgreich zur Wehr setzen.
Ende des 13. Jahrhunderts ließ Bischof Nuño, dem eine bedeutende Bautätigkeit in Astorga zugeschrieben wird, Wiederaufbauarbeiten an der Stadtmauer durchführen. Das Ausmaß seiner baulichen Eingriffe, die das Erscheinungsbild der römischen Festungsanlage merklich verändert haben können, ist jedoch nicht gewiss.
Erhebliche Schäden an der Stadtmauer gehen auf die französische Belagerung der Stadt in der Zeit des Spanischen Unabhängigkeitskrieges (1808-1814) zurück. Die französische Artillerie riss weite Teile der Mauer nieder, zuvörderst die nördlichen und östlichen Abschnitte. Und nachdem die spanischen Soldaten die Stadt schließlich zurückerobert hatten, zerstörten auch sie einige Teile der Stadtmauer, um zu verhindern, dass die Feinde sie als Festungsanlage nutzen könnten, sollte die Stadt wieder in ihre Hände fallen.
Von dieser Zeit an kennzeichnen die Geschichte der Stadtmauer von Astorga (noch heute) fortdauernde Versuche, sie wiederaufzubauen und die nahezu irreparablen Einsturzschäden, verursacht durch die französische Artillerie im Spanischen Unabhängigkeitskrieg und die zunehmende Unterhöhlung des Mauerwerks, zu beheben.
Praktische Hinweise
Der Mauerabschnitt Paseo de la Muralla ist Besuchern kostenlos zugänglich.
Die Gärten des Bischofspalastes können während der Öffnungszeiten desselben kostenlos besichtigt werden.