Diese Wohnung gehörte einer angesehenen römischen Familie, einer der vielen, die in Asturica Augusta lebten. Die Verwendung hochwertiger Baumaterialien und die im Laufe der Zeit vorgenommenen verschiedenen Renovierungen deuten darauf hin, dass die Eigentümer zur höchsten Gesellschaftsschicht gehörten. Zudem weist die Nähe zum Forum der Stadt darauf hin, dass die Bewohner hohen sozialen Status genossen. Die Erbauung der Domus wird auf das Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. datiert.

Die Wohnung wurde mit ihren verschiedenen Räumen um ein Peristyl, einen zentralen Hof mit Säulen, herum angeordnet. In der Domus sind verschiedene Bodenbeläge, je nach Funktion des Raumes, erhalten geblieben:

  • Der einfache Bodenbelag aus „opus signinum“, einem Mörtel aus Kalk, Sand, Wasser und gemahlenen Ziegeln, wurde für Diensträume und Lager verwendet.
  • Ein aufwendigeres Muster mit rechteckigen Ziegeln in Fischgrätanordnung, bekannt als „opus spicatum“, war für wichtigere Räume bestimmt.
  • Der luxuriöse Mosaikboden befand sich im Empfangssaal, wo die Besitzer gesellschaftliche Veranstaltungen abhielten.

Einige Reste der Wandmalerei sind noch an den Sockeln der Wände erhalten. Außerdem kann man den Ausgang der Hauskanalisation sehen, die – wie bei anderen Gebäuden der Stadt – an das zentrale Abwassersystem angeschlossen war.

Die Domus verfügte auch über private Thermen, in denen alle Bereiche eines typischen römischen Bades identifiziert wurden: Kaltbad (Frigidarium), Warmbad (Tepidarium) und Heißbad (Caldarium). Im Frigidarium sind noch kleine Reste des Marmorbodens erhalten.
Die Anwesenheit dieser Thermen, sowie die verwendeten hochwertigen Materialien, stützen die Annahme, dass die Bewohner der höchsten sozialen Schicht angehörten.

Das Mosaik des Bären und der Vögel

Ein wundervolles Mosaik befindet sich im Empfangssaal der Domus, der als „Oecus“ bekannt ist. Dieses Mosaik wurde zwischen dem späten 2. und frühen 3. Jahrhundert n. Chr. angefertigt und stellt den Mythos von Orpheus und den Tieren dar.

Orpheus war ein thrakischer Sänger, dessen musikalisches Talent so außergewöhnlich war, dass ihm der Gott Apollon eine Lyra schenkte. Orpheus‘ Musik konnte wilde Tiere zähmen.
In der Mitte des Mosaiks ist Orpheus vermutlich mit seiner Lyra spielend dargestellt, umgeben von acht Medaillons mit wilden Tieren in aggressiven Posen. Unter diesen ist heute nur noch das Bild eines auf den Hinterbeinen stehenden Bären erhalten geblieben.

Die äußeren Szenen symbolisieren den Herbst, mit Vögeln, die Trauben von Reben picken. Daher wird dieses Mosaik „Das Mosaik des Bären und der Vögel“ genannt. In den vier Ecken befinden sich große Krater (Vasen), aus denen Olivenzweige sprießen.

Das Mosaik ist von außergewöhnlicher Qualität und wurde mit der Technik des „opus vermiculatum“ erstellt, die sich durch sehr kleine Mosaiksteine (Tesserae) auszeichnet. Diese Technik ermöglicht eine außergewöhnlich detailreiche und realistische Darstellung von Pflanzen und Tieren.

Interessante Fakten

Aufgrund der Lage der Domus konnte nur ein Drittel der gesamten Wohnfläche ausgegraben werden. Teile der Domus befinden sich heute noch unter dem Kloster der Redemptoristen. Der Mythos von Orpheus und den Tieren war in der griechischen und römischen Kultur sehr populär. Der Dichter Ovid beschreibt ihn in Buch X der Metamorphosen.

  • Neben dem Mosaik von Astorga wurden in der Iberischen Halbinsel zahlreiche weitere Darstellungen dieses Mythos in Mosaiken gefunden, unter anderem in:
    • La Alberca (Murcia)
    • Santa Marta de los Barros (Badajoz)
    • Zaragoza
    • Mérida
    • Römische Villa „El Pesquero“ (Badajoz)
    • Itálica (Sevilla)
    • Portugal (Arneiro, Arnal und Martim Gil)

Diese Funde zeigen, dass der Orpheus-Mythos in Hispania besonders in der Spätantike große Beliebtheit genoss.

Römische Ruinen von Astorga
Römische Ruinen von Astorga